
Die Lenkung der Zukunft mit Rennfahrer-DNA
„From Track to Road“: Motorsport als Entwicklungsbeschleuniger für Steer-by-Wire, die digitale Lenkung fürs autonome Fahren
Autonome Fahrzeuge müssen lenken, bremsen und beschleunigen. Professionelle Rennfahrer können das ziemlich gut. Big Data und die „Space Drive“-Technologie von Schaeffler Paravan implementieren das Knowhow von Motorsport-Profis in die Steuer-Algorithmen autonomer Fahrzeuge. Das sorgt im Alltag zwar nicht für schnelle Rundenzeiten – aber für ein deutliches Plus an Sicherheit.
Wenn Langstrecken-Champion Tim Scheerbarth in seinem Mercedes-AMG GT3 auf die Aremberg-Kurve des Nürburgrings zurast, von über 250 km/h auf deutlich unter 100 km/h abbremst, einlenkt, und beim Herausbeschleunigen in die Fuchsröhre kurz vom Gas geht, um ein Ausbrechen des Hecks zu verhindern, hat er einen Spion an Bord. Hochempfindliche Messgeräte registrieren Lenkwinkel, Querbeschleunigung, Gaspedalposition, Geschwindigkeit sowie die Bremskraft des Fahrers. Über 200 Parameter werden ständig erfasst und in den Datenpool von Schaeffler Paravan transferiert.
Schaeffler Paravan ist für die Lenkung des 550-PS-Boliden verantwortlich. Als erste vollelektrische Lenkung für den Motorsport verzichtet „Space Drive“ auf eine Lenksäule. Die Lenkbewegung wird ausschließlich über elektrische Signale auf die Lenk-Aktuatoren übertragen. Eine erprobte Technik, die Paravan auf einem völlig anderen Feld schon seit 2003 stetig weiterentwickelt: Autofahrern mit körperlichen Einschränkungen und die Teilnahme am Straßenverkehr macht die Steer-by-Wire-Lenkung oft erst möglich. 2020 wurde die Lenkung erstmals beim 24h-Rennen auf dem Nürburgring eingesetzt. Und war dort mit einem ambitionierten Ziel verknüpft, das weit über Podestplätze oder Meisterschaften hinausgeht.
„Wir nutzen den Motorsport mit seinen extremen Anforderungen als Testlabor, das einen enormen Fundus an Daten für die Verwendung von Space Drive bei autonomen Fahrzeugen generiert“, erläutert Roland Arnold, CEO der Schaeffler Paravan Technologie. „Denn autonome Fahrzeuge müssen das Lenken, Bremsen und Gasgeben erst lernen. Und wer könnte ihnen das besser beibringen als ein Pool von professionellen Rennfahrern?“
Wir nutzen den Motorsport mit seinen extremen Anforderungen als Testlabor, das einen enormen Fundus an Daten für die Verwendung von Space Drive bei autonomen Fahrzeugen generiert.
Von ihnen lernen die Algorithmen, welche Strategien erfolgreich sind. Wie Markus Winkelhock das Übersteuern in der Sachs-Kurve am Hockenheim abfängt – oder wie es dem vielfachen DTM-Champion Bernd Schneider im GT3-Mercedes gelingt, auf nasser Strecke die Hatzenbach-Kombination des Nürburgrings schnell und flüssig zu fahren.
Im Datenpool von Schaeffler Paravan sind die Geheimnisse der Champions hinterlegt. „Wir nehmen all diese Fahrzustände auf, um mit Blick auf das autonome Fahren auch bei kritischen Situationen in Sekundenbruchteilen die richtigen Lösungen zu finden. Damit wird die Rennstrecke für uns zum Entwicklungsbeschleuniger für den Serieneinsatz – gemäß unserem Motto‚ `From Track to Road‘“, so Arnold.
Mit Space Drive 3 AddOn geht Schaeffler Paravan nun den Schritt in Richtung Serie. Das redundante System setzt auf ein durchgängiges Sicherheitskonzept und erfüllt die höchsten Anforderungen nach ISO 26262. Als AUTOSAR-basiertes System mit direkter Anbindung an die Fahrzeugelektronik sowie Kommunikations- und Netzwerkarchitektur ist die Integration in bereits existierende Fahrerassistenzsysteme möglich.
Passagiere autonomer Fahrzeuge können sich also zukünftig beruhigt auf die gesammelten Fahrkünste vieler DTM- und VLN-Champions verlassen. Bis dahin freuen sich die Space Drive-Macher über ihre sportlichen Erfolge, wie beim 49. ADAC TOTAL 24h Nürburgring in letztem Jahr.
Bei der zweiten Auflage für ein Steer-by-Wire Fahrzeug, welches ganz ohne mechanische Verbindung zwischen Lenkeinheit und Lenksäule auskommt gingen die Entwickler im letzten Jahr erstmals in der Geschichte des 24-Stunden-Klassikers mit einem Mercedes-AMG GT3 an den Start. Mit Erfolg! Das Team um die Langstreckenspezialisten Philip Ellis, Darren Turner, Tim Scheerbarth und Dominik Farnbacher kam mit den nicht ganz einfachen Bedingungen hervorragend zurecht, überquerten als 16. die Ziellinie und konnten in ihrer Klasse (SPX) den Sieg einfahren.
„Die Schläge und die Bodenwellen auf der Nordschleife, die spürst du mit Space Drive kaum“, sagt Dominik Farnbacher. „Es fährt sich ein bisschen anders. Man kriegt mehr Feedback vom Auto und nimmt alles etwas anders wahr, eben nicht durchs Lenkrad“, berichtet Startfahrer Philip Ellis. „Wir sind nah an der konventionellen Lenkung“, sagt Tim Scheerbarth, der bereits 2020 im Space Drive-Cockpit des Porsche Cayman GT4 saß. „Im Rennsport fährt man über eine lange Zeit am Limit, das hilft Space Drive schnell weiterzuentwickeln“, so Darren Turner. Die physische Beanspruchung, besonders über die lange Distanz sei geringer.
Für Space Drive war der anspruchsvolle und materialfordernde Kurs der Nordschleife und vor allem die widrigen Bedingungen zu Beginn des Rennens eine echte Herausforderung. Aber gerade diese Extremsituationen sind wichtig für die Schaeffler Paravan Dateningenieure, um belastbare Informationen generieren zu können, Vorzüge und Verbesserungspotentiale zu identifizieren.
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Marcus Puknatis
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